Leitfaden Italien
Hier finden Sie eine Übersicht der Regelungen zum Thema “corporate compliance” in Italien.
Länderbericht Compliance – Italien
THEMA | ITALIEN |
---|---|
Gesetzliche Regelungen | |
Sondergesetze zu Compliance | Es existiert ein Sondergesetz für Compliance: D. Lgs. 231/2001 |
Generell zu berücksichtigende Gesetze bzw. Richtlinien | Zu berücksichtigen sind insbesondere: • D. Lgs. 231/2001 • Strafgesetzbuch; • Gesetz über Ordnungswidrigkeiten; • Geldwäschegesetz; • Bundesdatenschutzgesetz; • Gewerbeordnung; • Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen; • Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung |
Haftung des Unternehmens | |
Unternehmensstrafrecht – Voraussetzungen und Rechtsfolgen | Es existiert ein eigenständig normiertes Unternehmensstrafrecht bzw. eine gesetzliche Regelung der sog. strafrechtlichen / administrativen Haftung von Unternehmen. Voraussetzung dieser Haftung sind die im diesem Gesetz ausdrücklich beschriebenen Straftaten (geschlossene Liste), wenn das Unternehmen nicht entsprechend organisiert ist (kein sog. „MOG“ Modell für Organisation und Betriebsführung – kein sog. „ODV“ Überwachungsorgan hat). |
Sonstige strafrechtliche Haftungsrisiken – Voraussetzungen und Rechtsfolgen | Sanktionen können kumuliert werden, wenn es so in Bezug auf die bestimmte Straftat im D. Lgsl. 231/2001 vorgesehen ist. Voraussetzung der strafrechtlichen Haftung von Unternehmen ist die schlechte oder mangelhafte interne Organisation des Unternehmens sog. „Organisationsverschulden“. Der Richter kann die Aktivität und das Geschäft des Unternehmens blockieren (siehe unten!). Die Existenz des Unternehmens (selbst wenn diese den Sitz im Ausland hat) kann durch die Sanktionen des D. Lgs. 231/2001 gefährdet werden! Sanktionen in Form von einem Bußgeld sind immer anzuwenden. Satzzahlen: Minimum 100 – Maximum 1.000. Der niedrigste Betrag des Satzes sind 258 Euro; der höchste Betrag des Satzes sind 1.549 Euro (also das Minimum der Geldstrafe ab 25.800 Euro – und das Maximum bis 1.549.000 Euro, was auch multipliziert werden kann): der Richter entscheidet von Fall zu Fall. Im Zusammenhang mit Bußgeld Sanktionen gegen das Unternehmen sind insbesondere noch folgende Haftungsrisiken im Gesetz D. Lgs. 231/2001 vorgesehen: • Verbote: Tätigkeitsverbote (Genehmigungen und Lizenzen können entzogen werden, Versagung von Genehmigungen; Verbot von Vertragsbeziehungen mit der öffentlichen Verwaltung; Ausschluss oder Wiederruf von Finanzierungen; Rückforderungen von Beihilfen wie z.B. Steuerbegünstigungen; Ausschluss von Vergabeverfahren; Verbot der Bewerbung von Gütern und Dienstleistungen) • Beschlagnahme: Präventiv, also vor dem Urteil, kann der widerrechtlich erworbene Gewinn oder Profit beschlagnahmt werden (auf alle Bankkonten der Firma oder sogar des Geschäftsführers). • Entziehung: Mit dem Urteil geht immer die Entziehung des widerrechtlich erworbenen Gewinns oder Profits einher. • Veröffentlichung des Urteils Dazu kommen auch konsequente Reputationsrisiken (in Italien oft auf alle Zeitungen veröffentlicht!). |
Zivilrechtliche bzw. sonstige Haftungsrisiken – Voraussetzungen und Rechtsfolgen | Grundsätzlich keine zivilrechtlichen Sanktionen, weil das Strafprozessverfahren anzuwenden ist. Häufig besagen ital. Vertragsentwürfe und AGB, dass die Verpflichtung „compliant“ gemäß ital. D. Lgs. 231/2001 sein muss, auch als auflösende Vertragsbedingung! Das kann auch für einen ausländischen Partner ein großes Risiko sein, nämlich die Verpflichtung u.a. ein Model (MOG) und ein Überwachungsorgan (ODV) gemäß D. Lgs. 231/2001 zu haben und stets zu pflegen, auch als ausdrücklich auflösende Vertragsbedingung! |
Haftung der Geschäftsleitung | |
Strafrechtliche Haftungsrisiken – Voraussetzungen und Rechtsfolgen | Das ital. Compliance Sondergesetz (D.lgs.231/2001) droht keine Freiheitsstrafe für Leitungsorgane an. Alle andere Vorschriften des Strafrechts finden für das Unternehmen (bzw. für Geschäftsführer, Gesellschafter und Mitarbeiter) Anwendung (wie z. B. widerrechtliche Verteilung der Gewinne und Rückstellungen durch Geschäftsführer – Art. 2627 ital. BGB; wiederrechtliche Transaktionen mit Aktien und Gesellschaftsanteilen durch Geschäftsführer, wenn das Gesellschaftsvermögen beschädigt wird, Art. 2628 ital. BGB; Unterlassene Kommunikation durch Geschäftsführer über eigenen Interessenkonflikt, Art. 2629bis ital. BGB; Börsenspekulation durch jedermann, Art. 2637 ital. BGB). |
Zivilrechtliche- bzw. sonstige Haftungsrisiken – Voraussetzungen und Rechtsfolgen | Bei der GmbH trägt die Geschäftsleitung eine gesamtschuldnerische Haftung gegenüber der Gesellschaft, wenn die Geschäftsführer Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften oder die Satzung begehen. - Die Haftung erstreckt sich allerdings nicht auf die Geschäftsführer, welche ausdrücklich ihre eigene Unstimmigkeit geäußert haben (Art. 2476 ital. BGB). Bei der Aktiengesellschaft muss die Geschäftsleitung mit professioneller Sorgfalt handeln. - Die Geschäftsleitung trägt eine gesamtschuldnerische Haftung gegenüber der Gesellschaft, wenn die Geschäftsführer Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften oder die Satzung begehen. - Die Haftung erstreckt sich allerdings nicht auf diese Geschäftsführer, die ausdrücklich ihre eigene Unstimmigkeit geäußert haben (Art. 2392 ital. BGB). - Selbst die Gesellschafter (die mindestens 1/5 des Gesellschaftsvermögens repräsentieren) können die Geschäftsführer direkt verklagen (Art. 2393 bis ital. BGB). - Auch die Gläubiger der Gesellschaft können die Geschäftsführer direkt verklagen, wenn diese entgegen ihren Pflichten zum Schutz des Gesellschaftsvermögens gehandelt haben (Art. 2394 ital. BGB). - Die einzelnen Gesellschafter und auch einzelne Dritte können direkt gegen die Geschäftsführer, die der Gesellschaft geschadet haben, Schadensersatzansprüche geltend machen (Art. 2395 ital. BGB). |
Haftungsvermeidung | |
Generell | Das Unternehmen muss folgendes effektiv eingeführt und gepflegt haben, um eine mögliche Freistellung oder Minderung von der Haftung zu erreichen: 1) ein Modell für Organisation und Betriebsführung (MOG) 2) Überwachungsorgan (ODV) 3) Einen ethischen Codex haben |
Konkretes Beispiel | 1) Zur Freistellung oder Minderung des Haftungsrisikos muss folgendes gesichert werden: A) MODELL (MOG) über die Organisation und das Management von Prozessen, indem alle Risiken explizit definiert werden. - spezifisch (taylor made für jedes Unternehmen) - effektiv (ausreichende Ausbildung aller Mitarbeiter) - effizient (mit disziplinär Konsequenzen) - dynamisch (stets an Änderungen des Unternehmens aktualisiert und adaptiert) B) Überwachungsorgan (ODV), ist zuständig für die Kommunikation (inkl. Whistleblowing, Training von Angestellten, Information im Unternehme) und die Kontrolle des Unternehmens. Das ODV muss - unabhängig sein, - selbständig mit eigenem Budget sein, - professionell sein, - eine kontinuierliche Aufgabe haben. Wir empfehlen zum Schutz der ODV die Mitglieder, ihre Empfehlungen und Maßnahmen stets schriftlich und offiziell zu protokollieren. 2) Die Haftung gemäß D. Lgs. 231/2001 erstreckt sich auch auf das Ausland. • Ausländische Unternehmen (z.B. Holding), die in Italien tätig sind (z.B. Niederlassung in Italien, Firmen die in Italien handeln oder an Ausschreibungen teilnehmen), können in Italien, gemäß D. Lgs. 231/2001, strafrechtlich haftbar sein. • Italienische Unternehmen, die im Ausland tätig sind, können für deren Straftaten im Ausland strafrechtliche Haftung in Italien tragen, (vgl. Eni – Saipem, Cassazione Urteil Nr. 42701/2010). |
Verfasser:
DusiLaw Legal&Tax
Avv. Mario Dusi; Avv. Gabriella Crosariol;